Warum ist dieses Phänomen bei Pferden so häufig zu beobachten? Viele haben schon von den Begriffen der “hohlen Seite” rechts, in die sich das Pferd leichter und der “Zwangsseite” links, in die sich das Pferd schwerer stellen lässt, gehört. Aber warum ist das so?
Die “natürliche Schiefe” beeinflusst den Bewegungsapparat. Sie verursacht, dass der Blinddarm auf der rechten Seite des Pferdekörpers liegt. In dieser Gärkammer verdaut das Pferd den meisten Teil des Strukturfutters wie z.B. Gras. Dabei hat der Blinddarm ein Fassungsvermögen von 30 - 70 l. Ein gutes ausgewogenes Futtermanagement ist wichtig. Bei Fütterung blähender Nahrung, wie z.B. Heulage, oder unausgewogener Fütterung, entsteht dadurch rechts eine vermehrte Volumenzunahme des Blinddarms.
Dementsprechend pendelt der Bauch, den Fliehkräften folgend, im Schritt stärker nach rechts. Im Trab auf dem Zirkel ist die vermehrte Füllung deutlich zu sehen, da das Pferd an der offenen Seite nach rechts aus der Bahn getrieben wird. Um den Fliehkräften entgegen zu wirken und um dem Bauchvolumen auszuweichen, stellt das Pferd sein rechtes Hinterbein nach außen und zugleich in Außendrehung nach rechts.
Nun geht der Schub des rechten Hinterbeines nicht mehr grade nach vorne, sondern vermehrt auf das linke Vorderbein. Es kommt nicht nur zu einem schrägen Schub, zudem ist die Schubkraft durch die zusätzliche Außenstellung vermindert. Durch den schrägen Schub, muss das linke Vorderbein vermehrt am Körper gehalten werden, damit es nicht ausbricht. Die Brustmuskulatur spannt stärker an und das linke Vorderbein wird unter den Körper gezogen.
Den verminderten Schub kompensiert das linke Vorderbein in dem es anfängt den Körper über das Bein zu Stemmen. Dieses vermehrte Stemmen übernimmt der breite Rückenmuskel. Durch die stärkere Arbeit wird er kräftiger und zieht das linke Vorderbein dabei in eine Innendrehung und zurück. Die Innenseite des Hufes wird mehr belastet, wodurch sich die Statik des Beines verändert.
Die Innendrehung des Vorderbeines macht es dem Pferd nicht mehr möglich, auf der linken Hand das Bein auf die gebogene Linie einzustellen. Um durch die Wendung zu kommen, kippt das Pferd über die Schulter in die Wendung. Das Pferd fällt auf das Bein. Die Folge ist eine Überbelastung des linken Fesselgelenks. Bevor ein sichtbares Zeichen, z.B. Lahmheit, auftritt, sind Anzeichen zu hören. Die Pferde “stampfen” in den Boden hinein. Bleibt über einen längeren Zeitraum diese Fehlbelastung, so kommt es zu einem Verschleiß des Fesselgelenks.
Das linke Vorderbein wird leicht zurück gestellt. Daraus resultiert eine Asymmetrie der Schulterblätter und eine ungleiche Beinmuskulatur vom Schulterbereich ausgehend. Dafür einen Sattel anzupassen, bringt jeden Sattler an den Rand seiner Möglichkeiten. Zudem nutzt das Pferd seinen langen Hals als Hebel, um den schrägen Schub auszugleichen. Dazu nimmt das Pferd den unteren Halsabschnitt nach rechts herüber. Dafür spannen sich die Halsmuskeln rechts vermehrt an. Das ist daran zu erkennen, dass die Mähne bei diesen Pferden immer auf der rechten Seite liegt.
Hier erklärt sich auch, warum Pferde meistens links die “Zwangsseite” haben und rechts die “hohle Seite”. Die vorhandene Halsbiegung und die stärkeren Muskeln rechts bewirken schon die Stellung von sich aus. Jetzt das Pferd nach links genauso einzustellen wie nach rechts, ist nicht möglich, da auch noch der Bauch das Pferd nach außen zieht und die Masse das Aufdehnen der Seite noch erschwert.
Die “natürliche Schiefe” kann man demnach nie komplett beseitigen. Mit einer osteopathischen Behandlung, die das Pferd wieder in die Balance bringt und daran anschließend einem gezielten und konstanten Training, kann man der “natürlichen Schiefe” entgegenwirken.
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